12.07.2017, 09:28
Wolf Schneider
»Die Fähigkeit Optionen zu bewerten und bei Entscheidungen gut zu urteilen ist für unser Leben essentiell.«
Schon lange nervt es mich, das der schöne Spruch von Rumi: »Jenseits von gut und böse, dort treffen wir uns«, in spirituellen Kreisen zu einer Art ethikfreiem, urteilslosen Nihilismus missbraucht wird. Und das Problem existiert nicht nur in Kreisen, die sich als spirituell bewegt verstehen.
Diesseits von Gut und Böse
Was sind eigentlich die Werte, nach denen wir handeln? In der Politik, in der Wirtschaft, im Privaten. Unter spirituell Bewegten Spiris hört man immer wieder, fast mantraartig wiederholt, das gut gemeinte Motto, wertfrei zu denken und sprechen, wertfrei zu sein und keinesfalls, igitt, etwas zu be- oder gar zu verurteilen. Das wird im realen Leben jedoch nicht eingelöst, denn wir können nicht anders als zu werten. Wenn wir das Werten verurteilen, verdrängen wir es. Es wirkt dann aus dem Unbewussten und entfaltet seine negativen Seiten noch viel mehr als sonst. Zudem ist das Verurteilen des Wertens ja schon eine Wertung und passt so gar nicht zu der allumarmenden Toleranz, die sich die Verkünder des Wertfreiheit so sehr wünschen.
Ehrlicher und gesünder wäre es, nur im Erkenntnisprozess Wertfreiheit anzustreben, dann vermeidet man das Ausblenden dessen, was man »nicht sehen will«. Wenn es aber ans Handeln geht, ans Tun, dann brauchen wir Werte und Bewertungen. Die Fähigkeit Optionen zu bewerten und bei Entscheidungen gut zu urteilen, ist für unser Leben essentiell, sie entscheidet nicht nur über unsere Lust&Laune, unsere Gesundheit, unser Glück, sondern oft genug über Leben und Tod.
Sogar das Rechnen kann helfen
Wer wertet, sagt übrigens meist nicht nur einfach Ja oder Nein, denn meistens gibt es mehr als zwei Optionen. Wenn es mehr als zwei Möglichkeiten gibt, haben wir eine Werteskala, wir priorisieren gemäß einer Rangfolge: Das hier will ich am liebsten, das hier wäre meine zweite Wahl, und so weiter.
Manchmal lässt sich sogar eine noch genauere Antwort auf eine gestellte Lebensentscheidung geben als nur eine Rangfolge, indem man etwa sagt: Das will ich 100 pro, das wäre optimal, zu jenem anderen kann ich nur zu 85% Ja sagen, und so weiter. Wenn man etwa durch eine Naturschutzmaßnahme 12 geschützte Arten vor dem Aussterben retten kann und durch eine andere nur 3, dann ist die erste Maßnahme grob geschätzt und ohne weiter Detailinfos 4 mal so gut. Dann wird eine Entscheidung plötzlich zahlenmäßig fassbar. Das Einsparen von Geld, das Verdienen von Geld, das Retten von Nahrungsmitteln vor dem Verfal und sogar das von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer, ach, es gibt so viele Entscheidungen, die mehr als nur ein Ja oder Nein, ein Besser oder Schlechter als Antwort erfordern. Wer da beim Finden der Antwort das Vergleichen und im Falle von Zähl- oder Messbarem auch das Rechnen nicht scheut, ist ethisch besser dran, erfolgreicher und, ja: als besser zu bewerten.
Kürzlich hatte ich einen Dialog mit einem Menschen, der behauptete Hierarchien nicht zu brauchen und sie außerdem grundsätzlich nicht zu akzeptieren. Wählst du denn beim Einkauf deiner Nahrungsmittel nicht die besten aus? Oder unter den gleich guten (gesunden und gut schmeckenden) bevorzugst du die preiswertesten? Und unter deinen Freunden, hast du da keine/n Liebste/n, keinen »best oft«, keinen Spitzenreiter? Unser ganzes Leben ist von Wertungen und Hierarchien durchzogen. Wer diese Tatsache verdrängt, schadet sich und all denen in der eigenen sozialen Umgebung, die dann die Folgen dieser Verdrängung ertragen müssen.
http://connection.de/wertfrei-hinschauen...4-vom-mai/
»Die Fähigkeit Optionen zu bewerten und bei Entscheidungen gut zu urteilen ist für unser Leben essentiell.«
Schon lange nervt es mich, das der schöne Spruch von Rumi: »Jenseits von gut und böse, dort treffen wir uns«, in spirituellen Kreisen zu einer Art ethikfreiem, urteilslosen Nihilismus missbraucht wird. Und das Problem existiert nicht nur in Kreisen, die sich als spirituell bewegt verstehen.
Diesseits von Gut und Böse
Was sind eigentlich die Werte, nach denen wir handeln? In der Politik, in der Wirtschaft, im Privaten. Unter spirituell Bewegten Spiris hört man immer wieder, fast mantraartig wiederholt, das gut gemeinte Motto, wertfrei zu denken und sprechen, wertfrei zu sein und keinesfalls, igitt, etwas zu be- oder gar zu verurteilen. Das wird im realen Leben jedoch nicht eingelöst, denn wir können nicht anders als zu werten. Wenn wir das Werten verurteilen, verdrängen wir es. Es wirkt dann aus dem Unbewussten und entfaltet seine negativen Seiten noch viel mehr als sonst. Zudem ist das Verurteilen des Wertens ja schon eine Wertung und passt so gar nicht zu der allumarmenden Toleranz, die sich die Verkünder des Wertfreiheit so sehr wünschen.
Ehrlicher und gesünder wäre es, nur im Erkenntnisprozess Wertfreiheit anzustreben, dann vermeidet man das Ausblenden dessen, was man »nicht sehen will«. Wenn es aber ans Handeln geht, ans Tun, dann brauchen wir Werte und Bewertungen. Die Fähigkeit Optionen zu bewerten und bei Entscheidungen gut zu urteilen, ist für unser Leben essentiell, sie entscheidet nicht nur über unsere Lust&Laune, unsere Gesundheit, unser Glück, sondern oft genug über Leben und Tod.
Sogar das Rechnen kann helfen
Wer wertet, sagt übrigens meist nicht nur einfach Ja oder Nein, denn meistens gibt es mehr als zwei Optionen. Wenn es mehr als zwei Möglichkeiten gibt, haben wir eine Werteskala, wir priorisieren gemäß einer Rangfolge: Das hier will ich am liebsten, das hier wäre meine zweite Wahl, und so weiter.
Manchmal lässt sich sogar eine noch genauere Antwort auf eine gestellte Lebensentscheidung geben als nur eine Rangfolge, indem man etwa sagt: Das will ich 100 pro, das wäre optimal, zu jenem anderen kann ich nur zu 85% Ja sagen, und so weiter. Wenn man etwa durch eine Naturschutzmaßnahme 12 geschützte Arten vor dem Aussterben retten kann und durch eine andere nur 3, dann ist die erste Maßnahme grob geschätzt und ohne weiter Detailinfos 4 mal so gut. Dann wird eine Entscheidung plötzlich zahlenmäßig fassbar. Das Einsparen von Geld, das Verdienen von Geld, das Retten von Nahrungsmitteln vor dem Verfal und sogar das von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer, ach, es gibt so viele Entscheidungen, die mehr als nur ein Ja oder Nein, ein Besser oder Schlechter als Antwort erfordern. Wer da beim Finden der Antwort das Vergleichen und im Falle von Zähl- oder Messbarem auch das Rechnen nicht scheut, ist ethisch besser dran, erfolgreicher und, ja: als besser zu bewerten.
Kürzlich hatte ich einen Dialog mit einem Menschen, der behauptete Hierarchien nicht zu brauchen und sie außerdem grundsätzlich nicht zu akzeptieren. Wählst du denn beim Einkauf deiner Nahrungsmittel nicht die besten aus? Oder unter den gleich guten (gesunden und gut schmeckenden) bevorzugst du die preiswertesten? Und unter deinen Freunden, hast du da keine/n Liebste/n, keinen »best oft«, keinen Spitzenreiter? Unser ganzes Leben ist von Wertungen und Hierarchien durchzogen. Wer diese Tatsache verdrängt, schadet sich und all denen in der eigenen sozialen Umgebung, die dann die Folgen dieser Verdrängung ertragen müssen.
http://connection.de/wertfrei-hinschauen...4-vom-mai/