05.04.2016, 15:52
(05.04.2016, 13:00)Marty schrieb: [ -> ]Lieber Thomas,
ich musste erst einmal suchen, bis ich deinen Post überhaupt wieder gefunden habe :)
(31.03.2016, 12:03)Thomas schrieb: [ -> ]Und ich weiß, dass ich nicht meine Persönlichkeit bin. Ich weiß es daher, dass ich sie beobachten kann und was man beobachten kann, kann man nicht selbst sein. Denn wer wäre dann der Beobachter?
Über den Punkt haben wir schon einmal gesprochen. Ich bin der Ansicht, dass das menschliche Hirn in der Lage ist, sich selbst zu beobachten und damit deine Theorie hinfällig ist. Wir müssen uns von uns selbst distanzieren und abstrahieren können, um Pläne zu schmieden, in Modellen zu denken, zu reflektieren etc. Das setzt die Fähigkeit, sich zu beobachten voraus, aber besagt nicht, dass wir nur eines von deidem sein können. Ich bin der Ansicht, wir können sowohl Beobachter als auch Beobachtetes sein.
OK, ich kann lediglich Indizien dafür anbieten sowie Erläuterungen, warum ich zu der festen Überzeugung gelangte, dass es sich so nicht verhalten kann. Beweise kann ich nicht vorlegen.
Ich glaube, dass es um deinen gesunden Menschenverstand gut bestellt ist (Vernunft) und gebe dir daher Folgendes zu bedenken:
Das Weltbild, das uns von der materialistischen Wissenschaft vermittelt wird, könnte man grob so umreißen:
Materie fügt sich - zufälligerweise, denn einen naturgesetzlichen Grund dafür gibt es nicht - zu größeren Strukturen zusammen und schließlich hat man das, was man "Leben" nennt.
Die menschliche Variante ist schließlich in der Lage, genau diese Materie auf ihre Eigenschaften hin zu untersuchen.
Das bedeutet, dass Materie sich zufälligerweise zu etwas zusammenfügt, das feststellen kann, was Materie ist. Materie hätte demnach in sich die Eigenschaft und Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und vor allem - sich selbst zu erkennen.
Ist das für dich eine irgendwie einleuchtende und plausible Weltsicht? Ist es wissenschaftlich zu nennen, die Frage unbeachtet zu lassen, woher diese zweifellos fantastische Fähigkeit der Materie stammt und durch welche Einflüsse sie funktioniert? Selbst wenn man biologische Komplexität als Erklärungsmodell heranziehen würde (die Summe ist mehr als die Summe der Einzelteile), könnte dies doch nicht beantworten, wie es zu dem unerhörten Wunder kommen kann, dass da jemand ist, der all dies erlebt.
Zitat:(31.03.2016, 12:03)Thomas schrieb: [ -> ]Das würde ich aber nicht tun, weil es ja nicht per se in meiner erklärten Absicht liegt, jemandem unangenehme Gefühle zuzufügen.
Du vielleicht nicht. Aber denk mal an The Lolosophian, die mit ähnlicher Begründung wie du relativ wenig Interesse daran hat, welche Gefühle sie in wem-auch-immer erzeugt. Wenn man davon ausgeht, dass niemand seine Persönlichkeit ist und man selbst über keine verfügt, ist es eigentlich in letzter Konsequenz logisch, keine Rücksicht auf etwas zu nehmen, das gar nicht existiert oder von Belang ist. Denn es kann ja nichts verletzt werden.
Weshalb also möchtest du einem jemanden, den es für dich nicht gibt, keine unangenehmen Gefühle zufügen? Eigentlich ist es ja egal.
Ich glaube nicht, dass Lolo dem zustimmen würde sondern Lolo glaubt, es sei hilfreich, anderen ihr Ego vorzuführen.
Hier zeigt sich auch ein Missverständnis wenn du sagst
Zitat:Weshalb also möchtest du einem jemanden, den es für dich nicht gibt, keine unangenehmen Gefühle zufügen? Eigentlich ist es ja egal.
Selbstverständlich ist derjenige, dem auf dem Umweg über seine Persönlichkeit Leid zugefügt wird, völlig real und es verbietet sich von alleine, dieses Leid auszulösen und zuzufügen. Doch ist es eben dessen Sich-für-eine-Person-Halten, das dieses Leid verursacht. Daraus herleiten zu wollen, dass es ja dann egal ist, wäre falsch. Die Situation ähnelt einem Kinobesucher, der vergisst, dass er nur im Kino sitzt und sich so mit dem Film identifiziert, dass er schließlich glaubt, in diesem Film zu sein. Dann wird er auch vergessen, dass er hinausgehen könnte.
Die einzige Möglichkeit, Leid ein- für allemal zu beenden liegt darin, sich daran zu erinnern, dass man nicht im Film ist sondern der Beobachter des Films.
Zitat:(31.03.2016, 12:03)Thomas schrieb: [ -> ]Als am schwierigsten stellen sich jene Überzeugungen heraus, die mit dem Körper zusammenhängen. "Ich bin ein Mann" z.B. Eine Überzeugung, die dem Penis eine mächtige Bedeutung verleiht.
Überraschenderweise ist aber auch diese Überzeugung nicht so schwer aufzugeben, wie es den Anschein hat.
Was habe ich davon solch fundamentale Vorstellungen über mich aufzugeben? Ich sehe darin keinen Vorteil.
Der Körper wird sterben, er wird krank. Und du glaubst, du wärst krank und du wirst sterben. Ich sehe da erhebliche Vorteile.
Zitat:(31.03.2016, 12:03)Thomas schrieb: [ -> ]Nun ja, das stimmt natürlich, besonders der erste Satz. Es sind tatsächlich Meinungen und Überzeugungen, die die Überzeugungskraft unserer Persönlichkeit ausmachen.
Aber wenn du nun überlegst, dass solche Überzeugungen z.B. durch die frühe Kindheit in dich hineinkamen und dass es möglich ist, diese in einer Therapie z.B. auch wieder in Frage zu stellen, so dass sie dann eben nicht mehr geglaubt werden und dann auch tatsächlich wirkungslos werden....
Na ja, wie stellst du fest, dass deine oben zitierten Überzeugungen nicht auch einfach nur ... Meinungen sind, die durch deine persönlichen Prozesse manifestiert wurden?
Und was ist mit den neuen Überzegungen, die beispielsweise innerhalb einer Therapie geschaffen werden? Statt "Ich bin wertlos" denkt der Patient nun "Ich bin wertvoll". Ist eine Aussage davon wahrer als die andere? Und wenn ja, woher weißt du welche die wahrere ist?
Ich wollte darauf hinaus, dass Meinungen, Überzeugungen nur Inhalte sind und dass derjeinige, der sie erlebt, der gleiche bleibt, wenn man sie verändert. Keine Meinung oder Überzeugung ist tatsächlich wahr, aber derjeinige, der sie hat, der ist wahr. Gednaken, Meinungen Überzeugungen finden allesamt auf der gleichen Plattform statt, genannt "Ich". Doch während du dir deiner Meinungen etc. gewahr bist, gilt das nicht für die Plattform. Wenn du dir der Plattform gewahr wirst, ändert sich dein gesamtes Denken. Es ist völlig berechtigt zu sagen, dass dies einen Paradigmenwechsel bedeutet.
Zitat:(31.03.2016, 12:03)Thomas schrieb: [ -> ]Vor allem ist es die Überzeugung "Ich bin die Persönlichkeit", die jedem Versuch, die Persönlichkeit als relativ anzusehen, einen Riegel vorschiebt. Wer würde sich selbst demontieren wollen?
Ja genau. Warum sollte das jemand wollen?
Fragen über Fragen :-)
In dem Moment, wo du dir der Tatsache gewahr wirst, dass du die Plattform bist, auf der deine Persönlichkeit erscheint, aber nicht die Persönlichkeit selbst, fängst du an, die Persönlichkeit loswerden zu wollen. Aber gewiss nicht vorher.
LG
Thomas