Hallo Johannes,
deine Fragen sind sehr gut und es ist richtig wohltuend, wie du dich sachlich äußerst. Leider ist das eher selten.
Zitat:Wenn ich Einzelaussagen rauspicke oder gegenüberstelle, dann ergeben sich für mich Widersprüche:
Eine widerspruchslose Darstellung wird auch nicht möglich sein, weil wir hier versuchen, etwas mit Worten anzudeuten, was sich jeder Beschreibung entzieht. Eine Ahnung ist schon sehr viel.
Zitat:Ich gehe davon aus, dass ich mir die Bühne oder den "Raum" eigentlich nicht vorstellen kann, weil dann hätte ich wieder eine Distanz dazu (zu mir). Und wenn ich das selbst sein soll, dann müsste ich mit mir selbst eins sein. Aber dann gäbe es da nichts mehr zu bemerken, keine Bühne, keinen Raum, kein gar nichts.
Richtig - der "Raum" ist lediglich eine Analogie, die den Umstand verdeutlichen soll, dass du (als Raum) die eigentliche Voraussetzung für das Erscheinen von Phänomenen bist. "Bemerken" ist eine Vokabel, die nur für die Wahrnehmung wirklich passt. Einfach zu sein wird nicht bemerkt, doch ist ein Gewahrsein vorhanden. Ein Gewahrsein des Seins.
Zitat:Hier fügst du zu dem Raum noch das Gewahrsein hinzu. Aber wenn ich schon der Raum bin, was ist dann das Gewahrsein? Ein weiterer Raum um den ersten Raum? Noch ein Hintergrund?
Raum ist ein Ersatzwort für Gewahrsein. Du bist Gewahrsein und das ist der "Raum" in dem sich alles abspielt.
Zitat:Also mein Ego äußert sich durch Gedanken, Gefühle, den Körper? Dann ist ja alles Ego. Jeder Gedanke, der hier geschrieben steht.
Ja. Aber bedenke, dass diese Äußerungen des Ego ohne Sein nicht stattfinden könnten. Zuerst bist du. Und diese Tatsache kommt vor allem anderen und erst dann kann ein Ego erscheinen. Was ist nun das, in dem das Ego erscheint? Um diese Frage geht es. Damit gesagt werden kann, dass jeder Gedanke, der hier geschrieben steht, das Ego ist, musst du sein. Und (das unterstelle ich) während du dir der Äußerungen des Ego durchaus bewusst bist, bist du dir aber nicht deines Seins gewahr. Du siehst ein Ego, bist dir aber nicht der Leinwand gewahr, auf der es gezeigt wird.
Zitat:Dann aber in der nächsten Aussage ist das Ego nichts. Ich sehe hier aber zumindest schwarze Buchstaben auf weißem Grund. In meiner Wahrnehmung ist das nicht nichts. Verwirrend. :-)
Gemeint war folgendes: Wenn du dem Ursprung des Ego nachspürst - dem Ich-Gedanken - wenn du also versuchst herauszufinden, wo der Kerl ist, der "ich" sagt, entzieht er sich sofort. "Ich" ist selbst ein Gedanke und immer dann, wenn du versuchst, den Ursprung dieses Gedanken zu finden, existiert er nicht. Er existiert nur, solange du NICHT nach innen schaust. Versuchs einfach. Du sagst sicherlich, das da eine Person ist, die Johannes heißt. Nur, wo ist diese Person? Wo kann sie gefunden und dingfest gemacht werden? Sie ist nur ein gedankliches Konstrukt, das sich sofort auflöst, wenn man ihm nachspürt. Und zurückkehrt, wenn man aufhört, ihm nachzupüren. Die Welt löst sich deshalb aber nicht auf. Wenn jedoch der Ich-Gedanke stirbt, dann ist da niemand mehr, der in einer solchen Welt handeln könnte. Du wärst nicht mehr der Urheber deiner geschriebenen Worte und somit frei.
Zitat:Wenn der Ich-Gedanke, also das Ego mit seinen Gedanken, Gefühlen und dem Körper verschwindet, dann kann auch kein Gefühl "Ich bin" mehr da sein, auf das ich mich ausrichte. Wenn alles verschwindet, dann ist das für mich der Tod, wo ich gar nichts mehr beobachten kann.
Das, was dann übrig bleibt, ist einfach der unendliche Raum des Gewahrseins. Und Gewahrsein wird nicht beobachtet - das ist man einfach.
Aber das ist in der Tat ein Paradox, ja. Das ich stirbt und an seine Stelle tritt das ICH oder Selbst.
Grüße von T.